Gottes Neue Offenbarungen

Die Jugend Jesu
Das Jakobus-Evangelium

Biographisches Evangelium des Herrn von der Zeit an, da Joseph Mariam zu sich nahm

- Kapitel 259 -

Liebliche Abendszene auf dem Söller der Salome. Cornelius entdeckt die kleine Karawane

20. Juli 1844
Wo aber nahm Joseph die Wohnung in Nazareth? - Wo stieg er ab, und wo ging er ein?
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Es ist in den ersten Kapiteln, da von der Abreise Josephs nach Ägypten von Bethlehem weg die Rede war, gesagt worden, wie Joseph die reiche Salome in Bethlehem ersucht hatte, daß sie für ihn seinen Meierhof bei Nazareth pachten möchte.
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Hat das Salome getan? - Ja - sie tat es nicht nur, was Joseph gewünscht, sondern sie hat den Meierhof förmlich an sich gekauft, und zwar in der doppelten Absicht:
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Diesen Hof, falls Joseph oder ein Kind von ihm je wieder zurückkäme, ihnen vollkommen zu eigen einzuhändigen;
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gegenfalls aber diesen für sie so hochgeheiligten Hof für sich zum Andenken an die erhabenste Familie zu behalten.
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Sie hielt diesen Hof für so ein Heiligtum, daß sie sich selbst nicht getraute, darinnen zu wohnen; noch weniger nahm sie Mietsleute hinein.
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Auf daß sie aber dennoch in der Nähe dieser Besitzung leben konnte, kaufte sie einen nachbarlichen Acker hinzu und erbaute da ein recht nettes Häuschen und wohnte im selben mit ihrer Dienerschaft und wurde allda auch öfter von Cornelius besucht.
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Und es traf sich gerade, daß der Cornelius an diesem Tage auf dem Rückweg von einem Amtsgeschäfte bei der Salome einsprach, da Joseph wieder nach Nazareth zurückkam.
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Es war ein herrlicher Abend, der Mond war voll, und kein Wölkchen trübte irgend einen Stern am Himmel.
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Dieser schöne Abend zog die Salome mit dem Cornelius auf den Söller ihres netten Häuschens, das da ziemlich nahe an der Hauptstraße lag und den Hof Josephs gerade gegen Morgen vor sich in einer Entfernung von etwa siebzig Klaftern hatte.
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Beide blickten oft nach der einstmaligen Behausung der erhabenen Familie, und der Cornelius sprach öfter zur Salome:
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,,Ich sehe die Erscheinung in Bethlehem noch stets lebendig vor mir, wie in einem schönsten, erhabensten Traume, und dieser Hof erinnert mich nun fortwährend daran.
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Es war aber auch die Erscheinung in Bethlehem von einer solchen wundervollsten Erhabenheit, daß sie mir stets unerklärlicher wird, je mehr ich daran denke!"
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Und die Salome sprach dagegen: ,,Ja - Freund Cornelius! - Auch ich kann es nicht fassen, wie ich bei der Größe jenes Ereignisses noch am Leben habe verbleiben können!
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Aber das ist zwischen mir und dir noch der Unterschied, daß ich nun, wie du es weißt, mir nicht helfen kann, und muß das Kind in meinem Herzen allzeit anbeten;
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während du die ganze Sache mehr als eine allererhabenste Geschichte betrachtest.
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Ich habe mir daher auch schon öfter so im Geiste vorgestellt: Wenn diese Familie je wieder hierherkäme, da könnte ich vor Seligkeit nicht leben!
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Wenn sie so drüben wohnete im Hofe - o Gott! - was wäre doch das für ein Gefühl für mich!
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Wahrlich, alle Himmel der Himmel wären dann auf diesem Söller vereint beisammen!"
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Und der Cornelius sprach: ,,Ja, du hast recht, das wäre auch für mich das Erhabenste!
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Was täten wir aber nun, wenn - ich setze den Fall, diese erhabenste Götterfamilie daherzöge, und wir erkenneten sie schon von der Ferne?!"
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Und die Salome sprach: ,,O Freund! - Rede nicht davon, - das würde mich töten vor Wonne!"
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Als die beiden in dieser Weise sich gottwohlgefälligst auf dem Söller unterhielten, und es also auch schon ziemlich spät geworden war,
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da bemerkte der Cornelius in einer Ferne von etwa zweihundert Klaftern einen Zug, wie eine kleine Karawane, und sprach zur Salome:
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,,Da sieh einmal hin, noch spät in der Nacht eine Wanderung! - Sind es Griechen oder Juden?
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Salome, was tätest denn du nun, wenn das eben die erhabenste Familie wäre?!"
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Und die Salome erschrak förmlich und sprach: ,,Aber ich bitte dich, rede nicht immer davon und erwecke nicht stets von neuem in mir neue Wünsche, die nicht erfüllt werden können!
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Was würdest denn in einer solchen Seligkeit aller Seligkeiten du tun?"
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Und der Cornelius sprach: ,,Wahrlich, da ginge es auch mir schlecht! - Doch siehe, die Karawane macht halt, und ich sehe einen Menschen von ihr gerade auf uns zueilen! - Komm, laß uns sehen, wer es ist!?"
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Und sie gingen dem Menschen entgegen. Der Mensch aber war ein Sohn Josephs und ging mit einem Kruge, ein Wasser zu holen bei dem Hause.
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Die beiden aber erkannten ihn nicht; denn also wollte es der Herr, um des Heiles der beiden willen.

Fußnoten