Gottes Neue Offenbarungen

Das Grosse Evangelium Johannes: Band 11

Lehren und Taten Jesu während Seiner drei Lehramts-Jahre

- Kapitel 7 -

Der Kaufmann sucht den Herrn

Wir warteten nun ruhig ab, was die drei Pharisäer, die sich mit dem Kaufmann berieten und aus Meiner Person nicht recht klug werden konnten, vorbringen würden, und taten, als wären diese gar nicht anwesend. Mucius war inzwischen mit kurzen Worten von Johannes belehrt worden, und beide traten zu uns. Mucius wollte Mir danken. Ich aber wies auf die abseits stehenden viere hin, worauf er Mich auch verstand und schwieg.
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Jetzt näherten sich dieselben uns wieder, und zwar ergriff der Kaufmann nun das Wort und sprach: ,,Meister, aus deinen Worten habe ich recht klar ersehen, daß dir der Galiläer sehr wohl bekannt sein muß, zumal du auf seine große Kraft hinweisest, der nichts widerstehen kann. Ich selbst, obgleich ich ihn nie gesehen habe, habe diese Kraft sehr wohl empfunden und daher diese meine Freunde auch schon nach Kräften gewarnt, nicht etwa des Galiläers Zorn auf sich zu laden, da sie sodann meinem Erachten nach rettungslos verloren wären. Sie aber sind durch solche Warnungen nur um so begieriger geworden, den Wundermann kennenzulernen und seine Kraft wo möglich zu erproben."
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Fragte der Wirt den Kaufmann, was denn das für ein Ereignis gewesen wäre, das er andeutete.
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Alsogleich erzählte nun der Gefragte (der Kaufmann): ,,Es werden zu den nächsten Ostern nun drei Jahre werden, als ich mir im Tempel einen kleinen Stand errichten durfte, um dem Geldwechslergeschäft obzuliegen, das gerade zur Osterzeit der vielen Opfer wegen einen recht ansehnlichen Gewinn abwirft. Eines Tages nun hörte ich, daß der bewußte Galiläer in Jerusalem sei und in den Tempel gegangen sei, dort zu lehren. Ich wollte mich aufmachen, ihm näher zu treten, um den damals erst neu erstandenen Wundermann genauer betrachten zu können, als plötzlich eine mächtige Stimme den Bau des Tempels durchdröhnte, deren Wortlaut mir noch erinnerlich ist: ,Meines Vaters Haus ist ein Bethaus, ihr aber habt es zur Mördergrube gemacht!` Ich erschrak darüber mächtig. Dort, wo der Galiläer stehen sollte, entstand eine große Verwirrung, und alle, auch mich, befiel plötzlich eine solch entsetzliche Angst, daß das gesamte Volk den Ausgängen zustürzte.
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Ich habe es nicht wieder gewagt, den Tempel und meinen Geldwechslerstand zu betreten, aus Furcht, der mächtige Mann möchte am Ende dasselbe Spiel wiederholen, - habe auch bei der plötzlichen Flucht eine ansehnliche Summe Geldes verloren, die sicherlich dem Tempel sehr zugute gekommen sein wird, und ich weiß daher aus Erfahrung, welch große Macht der Galiläer besitzt."
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Fragte ihn darauf Petrus: ,,Hast du denn nachher nie den Galiläer gesehen?"
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Antwortete der Kaufmann: ,,Niemals, denn einesteils hielt mich eine große Furcht vor ihm davon ab, andernteils hatte ich keine Zeit dazu. Ich mußte suchen, den im Tempel erhaltenen Verlust an Vermögen wieder auszugleichen und bereiste alsbald die Küstenstädte, wo ich Handel mit bestem Öl betrieb, das nach Griechenland und Rom ausgeführt wird, sodann auch mit vielen anderen Erzeugnissen dieses Landes und bin erst jetzt seit kurzem wieder in Jerusalem ansässig. Von Petra aus suche ich mir jetzt neue Verbindungen, um die Erzeugnisse Indiens und Arabiens nach den Küstenstädten führen und von da nach Rom ausführen zu können. Das ist der Zweck meiner jetzigen Reise.
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Ich hatte also bis jetzt keine Gelegenheit, in jener Angelegenheit irgend etwas zu unternehmen, trotzdem ich gerne jenen Jesus von Nazareth gesehen hätte. Viele schelten ihn einen harten, abstoßenden Mann, dessen Lehre ebenso beschaffen sei, - andere wieder rühmen seine Milde, Weisheit und unbegreifliche Kraft, mit der er die größten Wunder wirkt. Auf meinen Reisen habe ich viel Gelegenheit gehabt, mich davon zu überzeugen, daß seine Kraft keine Einbildung, sondern tatsächlich vorhanden ist. Trotz alledem traf es aber unglücklicherweise sich stets so, daß meine Geschäfte mich abhielten, mit ihm zusammenzutreffen."
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Sagte Ich zu dem Kaufmann: ,,Wo Weltverstand, Haschen nach Reichtum, mit Eigennutz verbunden, Hand in Hand gehen, da allerdings muß die leise Stimme verstummen, die da dem Menschen zuruft: ,Suche nach Wahrheit!` Ein kleiner Umweg hätte dir nichts geschadet auf deinen Zügen von Jerusalem nach Jaffa, Tyrus und Sidon, und du hättest mit Leichtigkeit mit dem Mann zusammentreffen können, der dir mehr des unvergänglichen Reichtums hätte zeigen können und zum eigenen Besitz geben, als du zusammenzuraffen je vermögen wirst.
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Wer da nicht sucht, wird auch nicht finden, wer da nicht anklopft, dem wird auch nicht aufgetan werden! Wer da glaubt, die geistige Erkenntnis des Guten und Wahren soll ihn aufsuchen, damit sie ihm auf seinen regelmäßigen Weltwegen von selbst zufalle, der kann ewig lange warten, daß sie ihm werde. Wer da einen noch so kleinen Umweg aus Bequemlichkeit und weltlichen Geschäften scheut, der Quelle der Wahrheit nachzusuchen, trotzdem er von ihr bereits gehört hat, der gehört zu den Weltmenschen, zu denen der Herr am Ende der Zeiten sagen wird: ,Ihr habt von Mir gehört und habt Mich doch nicht gesucht, - jetzt suche Ich euch nicht, trotzdem Ich weiß, daß ihr da seid. Weichet von Mir und gehet dorthin, wohin euch eure Liebe zieht!`"
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Sagte der Kaufmann recht nachdenklich: ,,Herr und Meister, ich sehe, daß ich unrecht getan! Siehe, wie lange werde ich noch zu leben haben!? Ich bin jetzt einige fünfzig Jahre alt und fühle meine Seele verödet; denn das, was sie in Jerusalem lehren, daran glaube ich nicht. Ich weiß, wieviel Betrug dort herrscht, und mein Leben geht zu Ende, ohne daß es mich befriedigt hätte. Schon öfter habe ich nachgeforscht nach den Lehren des Galiläers und habe schöne Perlen der Menschenliebe in ihnen entdeckt, - vielleicht, daß es doch möglich wäre, durch ihn den befriedigenden Weg zur Erkenntnis des wahren Gutes zu finden? Könntest du mir sagen, o Herr und Meister, wo ich ihn antreffe? Diesmal soll mich kein noch so großer Umweg gereuen, seine Bekanntschaft zu machen!"
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Sagte Ich ihm: ,,Wenn dich also hungert, so wirst du auch gesättigt werden. Vielleicht wird dir werden, was du wünschest. Wie aber steht es da mit deinen Gefährten? - Wünschet auch ihr, den Galiläer selbst zu treffen?"
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Sagte der Pharisäer, der schon bisher mit Mir gesprochen hatte: ,,So dies geschehen könnte, ohne großes Aufsehen zu machen, so würde es uns recht sein. Wir würden ihm die Vorschläge des Tempels vorlegen und seine Wundertaten prüfen, und dann würden wir ja weitersehen."
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Der Pharisäer sprach diese Worte mit einer gewissen Herablassung zu uns, weil er sich ärgerte, daß der Kaufmann vom Betrug des Tempels gesprochen hatte, und er wollte uns andeuten, daß, da von uns doch nichts herauszuholen sei, er das Gespräch als beendet ansehe.
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Ich antwortete ihm daher: ,,Freund, was ärgerst du dich über diesen da, weil er die Wahrheit gesprochen hat? Besser wäre es dir, du suchtest in dir zu ergründen, ob nicht auch deine Seele verödete und noch befruchtet werden könne. So du aber wissen willst, wo der Galiläer zuletzt ein größeres Wunderwerk getan hat, so ziehe an dem Nebo vorbei hinauf zur Stadt Aphek, wo er die ganze, bisher wüste Stätte in fruchtbares Land verwandelt hat, wie euch dreien die dortigen Bewohner haarklein erzählen werden! Untersuchet wohl, ob dieses Wunder ein echtes sei und daß kein Betrug zugrunde liege, und achtet sodann darauf, was euch eure Herzen zuflüstern werden! Berichtet in Jerusalem über das, was ihr gehört und gesehen, oder bewahret es auch für euch selbst, ganz wie ihr es empfinden werdet!
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Möglich ist es auch, daß sich der Galiläer, wenn ihr mit gereinigtem Herzen zurückkehren werdet, von euch finden läßt; denn allezeit finden nur diejenigen diesen Lebensmeister, denen er sich selbst offenbart, - andere bleiben blind, selbst wenn sie schon mit ihm verkehren."
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Sagte der Pharisäer spöttisch: ,,Mit ihm verkehren, ohne ihn zu erkennen, wird uns wohl unmöglich sein. Wir haben gar helle Augen im Kopfe. Jedoch danken wir dir für deinen Rat, wissen wir doch jetzt, wo er wohl zu suchen und dann auch zu finden sein wird."
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Damit verabschiedeten sie sich von uns und gingen mit dem Kaufmann, der Mich stets recht nachdenklich ansah, ins Haus zurück. Ich beauftragte jetzt den Mucius, ihnen zu folgen und einer etwaigen Abreise derselben kein Hindernis in den Weg zu legen, sondern sie ganz frei aus sich selbst entscheiden zu lassen. Mucius folgte ihnen daher auch, und wir blieben nun eine Weile ungestört allein in dem Garten.

Fußnoten